Sonntag, 21. Juli 2013

5. Tag - 21. Juli 2013: Santander - Requeida - Santillana del Mar

Tagesetappe: 31 km
Gesamtstrecke: 158 km
Wetter: bewölkt und vormittags etwas nebelig - dennoch ziemlich warm, relativ windstill

Ein Rätsel zum Auftakt es heutigen Tages:
Es knistert, knastert, quietscht, raschelt, Licht geht aus, ein Pilger schnarcht, jemand wispert, Licht geht an, ein Handy "klingelt", es stöhnt, die Tür geht auf, zwei Pilger schnarchen, das Licht geht aus, jemand spricht im Schlaf, viele Pilger schnarchen, es müffelt, es quietscht, um 3:oo Uhr morgens läutet ein Handy-Wecker, es knistert, knastert, quietscht, raschelt, Licht geht an, Licht geht aus.
Was ist das? Ein mit 38 Betten voll belegter Schlafsaal in einer Pilgerherberge, hier die von Santander. Ergebnis dieser Nacht ist für mich, dass ich Pilgerherbergen soweit es geht, meiden werde und mir  in den nächsten Tagen lieber eine Übernachtungsmöglichkeit auf einem Campingplatz oder in einer Pension suchen werde.

Ich habe jedenfalls die ganz Nacht sehr schlecht geschlafen. Der Jugendherbergsschlafsack war schon zuviel, so dass ich mich lieber darauf legte. Die Geräusche waren für mich einfach kaum zu ertragen, und ich lag eine ganze Weile wach.

Um 6:30 Uhr stehe ich dann schließlich auf, packe alles zusammen und raschele dabei natürlich nun auch selbst ein wenig - aber da sind die meisten anderen Mitschläfer ohnehin schon wach oder sogar schon fertig zum Abmarsch. Danach nehme ich das im Preis enthaltene Frühstück (getoastete Weißbrotscheiben mit Butter und Marmelade und einen großen Kaffee con leché) zu mir.

Anschließend mache ich mich auf ins Verkehrsgetümmel von Santander, das aber gar nicht so groß ist, weil heute Sonntag ist. Allerdings habe ich nun wieder erhebliche Probleme aus der Stadt herauszukommen. Der Pilgerweg ist hier nur sehr unvollkommen ausgezeichnet und auch die Wanderführer geben nicht viel her. Ein Spanier, den ich nach dem Weg frage, holt sein Handy heraus, sucht längere Zeit und erklärt mir, dass ich richtig bin. Nach einiger Zeit frage ich bei einem anderen Passanten noch einmal nach - ich habe die richtige Straße erwischt.

Die Außenbezirke von Santander sind so schön oder eher so wenig schön, wie die Außenbezirke so manch einer anderen Stadt: Industrie, Handwerk, Industriebrache, Schrottplätze, Einkaufszentren. Nach rund 10 Kilometern wird es wieder ländlich und etwas schöner. Leider gibt die Gegend nicht so viel her, weil es heute ziemlich bewölkt, teilweise auch nebelig und diesig ist. Die Sonne lässt sich kaum blicken. Blicken lassen sich aber wieder viele Steigungen, die sich wesentlich mehr ins Gedächtnis einprägen als die Abfahrten - bergauf dauert es leider auch erheblich länger als bergab, obwohl es natürlich berauschend ist, einen oder zwei Kilometer ohne zu treten in kürzester Zeit zu bewältigen. Ich darf mich auch nicht beschweren, trotz der Anstiege habe ich einen Schnitt während der Fahrt von fast 11 km/h.

Unterwegs überhole ich ein offensichtlich schwerverliebtes Pilgerpärchen, mit dem ich mich längere Zeit unterhalte. Er ist aus Deutschland, wohnt aber schon länger in Spanien, sie ist Spanierin. Vielleicht sehen wir uns heute noch in Santillana del Mar. Kurz vor Santillana finde ich eine Bank, die ich dafür aussuche, mir eine Rast zu gönnen. Ich bin klitschnass verschwitzt - habe auch schon zwei Liter Wasser getrunken. Ich döse auf der Bank ab und zu ein, so dass aus dem kleinen Päuschen mehr als eine Stunde wird. Ich denke, dass die Anstrengungen des ewigen bergaufs auch ihren Tribut fordern. Da heute Sonntag ist, denke ich, dass 31 Kilometer für einen Feiertag genug sind - außerdem ist nicht das Bewältigen der Strecke die Hauptsache, sondern auch ein bisschen, das Drumherum zu genießen. In Santillana fahre ich deshalb sofort zum Campingplatz.
Pilgerunterkunft auf dem
Campingplatz Santillana del Mar

auch eine Pilgerunterkunft - für mich
Hier gibt es für Pilger Unterkünfte in Containern für 10 Euro. Das mit den 10 Euro nehme ich dankend an, baue aber lieber mein eigenes Zelt auf, zumal es von vorgestern noch nass ist und hoffentlich bis morgen wieder trocken wird. Viel Spaß macht mir die Dusche, die ich so richtig ausgiebig nutze. Dann gehe ich in die Campingplatzbar und bestelle mir (mittags) ein Pilgermenü: Orangensaft, Maccaroni mit Tomatensauce, ein Eis - für 5 Euro! Das hat sogar mir geschmeckt

Ich sitze mit dem Netbook auf den Knien unter einem Elektroanschlusskasten und schreibe den Blog, während das Netbook, die Kamera und das Smartphone geladen werden. Hoffentlich zeigt mich niemand wegen Stromdiebstahls an ;-)

Am späten Nachmittag gehe ich die paar Schritte bergab, um Santillana del Mar zu besichtigen, das ungefähr 500 m vom Campingplatz entfernt liegt. Es ist eine wunderschöne mittelalterliche Stadt, die wirklich eine Besichtigung wert ist.
Santillana del Mar

Santillana del Mar

Santillana del Mar

Santillana del Mar
Waschplatz

Santillana del Mar
Basilka

Santillana del Mar

Santillana del Mar

Christl und ich waren vor etlichen Jahren schon einmal hier. Laut meinem Reiseführer wird Santillana die Stadt der drei Lügen genannt: Sie ist weder heilig (santa), noch eben (llana) noch liegt sie am Meer (mar). Allerdings boomt alles wohl auch nur durch den Tourismus: hunderte von Menschen zwängen sich durch die engen Gassen und Sträßchen. Ich schaue mir gegen drei Euro Eintritt die Kirche und den dazugehörigen Kreuzgang an. Die Kirche ist sehr schön, allerdings riecht sie muffig und verschimmelt, weil alles sehr feucht ist. Sie wirkt auf mich irgendwie bedrückend. Immerhin bekomme ich einen Stempel für den Pilgerausweis.

fröhliches Pilger-Abendessen

fröhliches Pilger-Abendessen

fröhliches Pilger-Abendessen
Zurück auf dem Campingplatz werde ich von dem Deutschen, den ich vormittags mit seiner Freundin getroffen habe, eingeladen, zusammen mit ihnen und einer ganzen Schaar anderer (hauptsächlich spanisch sprechender) Pilger gemeinsam zu Abend zu essen. Jeder steuert etwas zum Essen bei - ich zwei Flaschen Sidra. Es ist sehr gemütlich und fröhlich, leider habe ich die Namen der anderen ganz schnell wieder vergessen,

Es wird wohl nichts mit dem trockenen Zelt, da es abends ganz leicht nieselt.



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